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Nach drei Jahren B’shayno ist nicht wirklich Schluss – Ein Projekt mit Nachhaltigkeit

Über 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind zur abschließenden Dialogveranstaltung gekommen (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Über 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind zur abschließenden Dialogveranstaltung gekommen (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Bei den Verantwortlichen herrschte etwas Wehmut. Geht es wirklich auf das Ende des dreijährigen Projekts B’shayno.Willkommen. zu? Ist die Zeit so schnell vergangen? Die abschließende Dialogveranstaltung am 15. September im Forum St. Liborius in Paderborn bot nochmals die Möglichkeit, sich zu informieren, auszutauschen und Kontakte zu intensivieren. Dabei wurde deutlich: Hier ist etwas gewachsen, was über den eigentlichen Projektzeitraum hinaus bestehen wird. Freundschaften haben sich gefunden und der feste Wille weiterer gemeinsamer Unternehmungen.

Mehr als 70 Gäste fanden sich im Forum St. Liborius in Paderborn ein. Neben vielen Jugendlichen nahmen zahlreiche Ehrenamtliche, Fachkräfte und Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, wie etwa vom Land Nordrhein-Westfalen oder dem Kreis und der Stadt Paderborn teil. Aus Brüssel war Elmar Brok, Mitglied des Europäischen Parlaments, angereist. Alle erwartete eine abwechslungsreiche Veranstaltung mit Rückblick, Diskussionen und viel Austausch.

Im Video – Die Jugendlichen berichten

Im Video berichten junge Frauen und Männer über ihre Erfahrungen in dem Projekt. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Im Video berichten junge Frauen und Männer über ihre Erfahrungen in dem Projekt. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Da B’shayno.Willkommen. ein gemeinsames Projekt der djoNRW und des AJM ist, eröffneten Johanna Bannenberg, stellvertretende Landesvorsitzende der djoNRW e.V. und Ender Cevrim, Vorstandsmitglied des AJM e.V., die Veranstaltung. Sie blickten auf die Anfänge des Projekts zurück, nannten die Eckpfeiler, wie die Entstehung von Patenschaften und waren stolz auf die Entwicklung in den letzten drei Jahren.

Persönliche Grußworte und Anerkennung für das Projekt kamen auch von Agnes Heuvelman vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW und Martin Pantke, der 2. stellvertretende Bürgermeister der Stadt Paderborn.

Doch was machte letztendlich B’shayno.Willkommen. aus? Es waren die vielen Menschen, die dem Projekt Leben gaben: Die Initiatorinnen und Initiatoren, die Helferinnen und Helfer, aber vor allem die vielen jungen Frauen und Männer, die hier etwas fanden, was sie vorher in dieser Form nicht hatten. Was es genau ist, verdeutlicht ein Dokumentarfilm über das Projekt, welcher im Anschluss an die offizielle Begrüßung zur Einstimmung gezeigt wurde.

Aussprachen und neue Ideen

Auch Elmar Brok (r.), Mitglied des Europäischen Parlaments, ist angereist und beteiligt sich an der Diskussionsrunde. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Auch Elmar Brok (r.), Mitglied des Europäischen Parlaments, ist angereist und beteiligt sich an der Diskussionsrunde. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Die Dialogveranstaltung war von zwei Workshop-Phasen geprägt. An sechs Thementischen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich zu informieren und sich über bestimmte Fragen auszutauschen. Dabei wurden Ergebnisse und Kernideen auf Puzzleteilen festgehalten, so dass am Ende jeweils ein Puzzleteil für einen Workshop stand.

Das Themenangebot war groß: Die Frage wie jugendgerechte Kommunikation funktioniert oder wie Partizipation und Nachhaltigkeit gelingen oder wie sich ein Verbandsleben auf Augenhöhe gestaltet bzw. wie junge Menschen für ehrenamtliches Engagement begeistert werden können, wurde lebhaft diskutiert.

An dem Thementisch, der sich der Frage stellte „Wie gelingt Partizipation?“ kamen Nora Liebetreu, Projektleiterin von B’shayno.Willkommen. und Ilona Hanna, ehemalige Jugendleiterin im Verein B’shayno Paderborn mit den Teilnehmenden ins Gespräch. „Hier ging es vor allem darum, dass ‚gelungene‘ Partizipation nicht ausschließlich Mitmachen bedeutet, sondern Mitbestimmung: Das heißt, die Jugendlichen bzw. die Teilnehmerinnen und Teilnehmer äußern, was sie machen möchten und wo sie Bedarf sehen. Wir unterstützen sie dann, diese Ideen eigenständig umzusetzen“, machte Nora deutlich. Ilona Hanna berichtete, dass sie natürlich bereits in Syrien Jugendaktionen durchgeführt hat und die notwendigen organisatorischen Kompetenzen dafür besitzt. In Deutschland allerdings stand sie vor der Herausforderung, ihre Kompetenzen nicht so wie zuvor in Syrien anwenden zu können. „Wir haben uns bei B’shayno.Willkommen. daher unter anderem darauf konzentriert, dass Kompetenzen reaktiviert werden und in diesem Zuge beispielsweise Telefon-Coachings durchgeführt“, sagt Nora. Ilona Hanna erklärt, dass sie seit dem Telefon-Coaching wieder viel mehr Möglichkeiten hatte, Maßnahmen zu organisieren, da sie nun auf „deutsch“ telefonieren und so zum Beispiel Räume für Veranstaltungen oder potenzielle Referentinnen und Referenten für Seminare anfragen kann.

Jugendbildungsstätten sind unverzichtbar

In den Workshops diskutieren die Teilnehmenden über Erfahrungen und neue Ideen. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
In den Workshops diskutieren die Teilnehmenden über Erfahrungen und neue Ideen. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Ein weiterer Workshop befasste sich mit der wichtigen Frage „Welchen Beitrag leisten Jugendbildungsstätten?“ Für einige Angebote in dem dreijährigen Projekt trafen sich die Jugendlichen in Bildungsstätten, wie etwa häufig in der djo.Bildungsstätte.Himmighausen. Ist es sinnvoll, wenn sich eine Gruppe für einige Tage in eine Bildungsstätte zurückzieht, nur für sich ist und Zeit findet, sich ausschließlich mit einem Thema zu befassen? Oder braucht es diese spezielle Atmosphäre nicht, um ein Ziel zu verfolgen? Rike Böttcher, die neben Rahaf Shalash den Workshop betreute, und in Himmighausen Bildungsreferentin ist, kam zu diesen Fragen ins Gespräch mit Jugendlichen, die im Rahmen des Projekts B’shayno.Willkommen. mehrfach in der djo.Bildungsstätte.Himmighausen gewesen waren. In lebhaften Diskussionen erörterten sie verschiedene Positionen. Dabei wurde eins offensichtlich: Jugendbildungsstätten bieten nicht nur die Möglichkeiten von mehrtägigen Veranstaltungen, sondern können – in Absprache – auch gezielt unterstützen. „Die Resonanz der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer war sehr positiv. Viele hatten gute Erfahrungen in den Bildungsstätten gemacht und unsere Gespräche gab neue Denkanstöße – für Gäste und Betreibende der Bildungsstätten“, erklärte Rike.

Die Vereinsgründung bedeutet weitere Partizipation

Kerstin Kutzner (l.) und Sandra Aras (r.) sprechen über die Nachhaltigkeit des Projekts. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Kerstin Kutzner (l.) und Sandra Aras (r.) sprechen über die Nachhaltigkeit des Projekts. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Die Workshops befassten sich aber nicht nur mit Rückblicken auf das Projekt, sondern ganz wichtig war auch die Frage der Nachhaltigkeit.

Kerstin Kutzner vom Landesjugendring NRW e.V. und Sandra Aras, Vorstandsmitglied von B’shayno Paderborn e.V. stellten an ihrem Thementisch die Frage, wie Nachhaltigkeit in Projektansätze integriert werden kann? Ganz wichtig ist – und da waren sich Alle einig, dass die ehrenamtliche Struktur bis zum Ende des Projektes so stark sein muss, dass die Gruppe bestehen bleibt und ohne eine Projektleitung im Hauptamt funktioniert.

Dabei machte Sandra klar: „Dieses ist nur dann möglich, wenn bereits im Vorfeld viele Aufgaben an die Ehrenamtlichen abgegeben wurden und diese sich nun sicher fühlen, die Aufgaben auch weiterhin zu erfüllen.“ Ebenfalls müsse die Selbstorganisation so gestärkt sein, dass die ehrenamtlich tätigen Jugendlichen weiterhin eigene Ideen einbringen könnten und die Bereitschaft und das Zutrauen bestehe, diese auch eigenmächtig umzusetzen.

B'shayno-Mitglied Eilom Keriakos zeigt Martin Pantke, 2. stellvertretender Bürgermeister der Stadt Paderborn, Kunstwerke, die bei kreativen Projekten entstanden sind. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
B’shayno-Mitglied Eilom Keriakos zeigt Martin Pantke, 2. stellvertretender Bürgermeister der Stadt Paderborn, Kunstwerke, die bei kreativen Projekten entstanden sind. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Und genau diese Voraussetzung für ein erfolgreiches und nachhaltiges Projekt gab es bei B’shayno. „Ich habe früh Verantwortlichkeiten abgegeben und die Jugendlichen haben so gelernt, ihre Ideen selbst zu organisieren. Ich denke hier etwa an Jugendreisen, bei denen hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr dabei waren“, sagt Nora.

Die Jugendlichen hätten ab einem bestimmten Zeitpunkt alles selbst geplant und durchgeführt. „Nur bei den Abrechnungen brauchten sie noch Hilfe, wobei die ersten Jugendlichen auch gelernt haben, mini Projektanträge selbst zu schreiben“, gibt Nora einen Einblick in ihre Arbeit und ist zuversichtlich, dass die Jugendlichen, dass was sie in dem Projekt gelernt haben, auch weiter umsetzen. Schließlich habe die Vereinsgründung in Paderborn im Jahr 2017 dazu geführt hat, dass es nachhaltige Strukturen, über das Projekt hinaus, gibt. „So hat der Verein die Möglichkeit, dauerhaft an den Strukturen der djoNRW und des AJM zu partizipieren, was Nora Liebetreu besonders freut.

B’shayno hat viele Facetten

Die Ergebnisse der Thementische werden auf Puzzleteilen festgehalten. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Die Ergebnisse der Thementische werden auf Puzzleteilen festgehalten. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

In der zweiten Workshopphase wurden die Ergebnisse, konkret und anschaulich durch die in den Workshops entstandenen sechs Puzzleteile zusammengetragen und zu einem großen Puzzle zusammengesetzt.

Aus Diskussionen entstanden so Ergebnisse und Ideen für die Zukunft. Das gab zusätzlich den Ausblick, dass die Idee des Projekts B’shayno.Willkommen., auch wenn die offizielle Laufzeit dieses Jahr endet, weiterleben wird. Viele Freundschaften sind entstanden und bei der Dialogveranstaltung war der feste Willen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu erkennen weiterzumachen. Diesem Fazit schlossen sich auch Johanna Bannenberg und Ender Cevrim in ihren Abschlussworten an.

 

 

Sandra Aras (M.) und Hasan Al Hanna (r.) dankten Nora Liebetreu (l.), der Projektleitrein (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Sandra Aras (M.) und Hasan Al Hanna (r.) dankten Nora Liebetreu (l.), der Projektleitrein (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Auch die Jugendlichen waren dankbar für die Erfahrungen und das Erlebte der letzten drei Jahre. Stellvertretend für die vielen Teilnehmenden dankten Sandra Aras und Hasan Al Hanna der Projektleiterin Nora Liebetreu. Sie hat mit ihrem Ehrgeiz, ihrem hohen Engagement und ihrer Hartnäckigkeit das Projekt zu dem großen Erfolg gemacht. Ein Dank, den Nora gerne zurückgab: „Ich bin so stolz auf Euch“, animierte sie die Jugendlichen weiter im Sinne von B’shayno.Willkommen. ihre Ideen umzusetzen.

Rückblicke mit Ausblicken

Zum Abschluss der Veranstaltung wird gemeinsamen getanzt. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Zum Abschluss der Veranstaltung wird gemeinsamen getanzt. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Im Anschluss an den offiziellen Teil der Dialogveranstaltung folgte die Abschlussparty. Jugendliche und Gäste des Tages sangen und sie tanzten gemeinsam Kubare, einen assyrischen/aramäischen Folkloretanz. „Es war ein langer Tag, aber ein sehr schöner Tag. Ich habe viele Bekannte getroffen und auch neue Leute“, resümiert Ilona Hanna, eine ehemalige ehrenamtliche Jugendleiterin. Rückblickend auf das Projekt und ihre Arbeit ist sie sehr zufrieden. „Alle waren von der Projektarbeit beeindruckt. B’shayno.Willkommen. gab uns eine Gelegenheit, etwas über unsere Anwesenheit, Studium und Integration in Deutschland zu erfahren. Dabei konnten wir noch eine sehr schöne Zeit miteinander verbringen.“

Jil-Madeline Blume, Martin Pantke, Johanna Leifeld und Rahaf Shalash (v. l. n. r.) diskutieren über das Projekt. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)
Jil-Madeline Blume, Martin Pantke, Johanna Leifeld und Rahaf Shalash (v. l. n. r.) diskutieren über das Projekt. (Quelle: AJM e.V./djoNRW)

Auch Johanna Leifeld, Vertreterin des Kreises Paderborn, nahm sich die Zeit, um zurückzuschauen: „Durch den peer-to-peer Ansatz konnten junge Menschen erreicht und motiviert werden, sich zu engagieren. Das ist etwas, was in anderen Projekten oftmals problematisch ist. Das ständige Attribut ‚geflohen‘ rückte dabei in den Hintergrund“. Durch diese Herangehensweise sei es möglich gewesen, den Jugendlichen bei Bedarf professionelle Unterstützung und Weiterbildungsmöglichkeiten zu geben. Das hätte letztendlich die Selbständigkeit gefördert und mache die Nachhaltigkeit des Projektes aus.

Die aus dem Projekt resultierende Vereinsgründung B’shayno sei ganz wichtig gewesen und ein deutliches Zeichen in Richtung Zukunft, erklärte Johanna Leifeld und betonte, man werde die Jugendlichen auch weiterhin unterstützen. „Das Kommunale Integrationszentrum ist jederzeit ansprechbar und freut sich über einen regelmäßigen Austausch. B´shayno kann bei Fragen und Problemen gerne auf uns zukommen, auch um von unseren Angeboten, Veranstaltungen und Projekten zu erfahren und diese bei Interesse zu nutzen.“ Bei dieser Perspektive ist das nahe Ende des Projekts B’shayno.Willkommen. kein endgültiger Abschluss – vielmehr war es der Beginn für ein dauerhaftes Integrationsprojekt.

 

Hier seht ihr den Dokumentarfilm zum Projekt B’shayno.Willkommen.

 

Autor: Dr. Christian Kahl

 

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